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Beitrag vom 07.03.2005
8. März - Grund zum Feiern? - Antworten von Maria Eichhorn
Ilka Fleischer
Im E-Interview stellte sich auch Maria Eichhorn, MdB, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend der CDU/CSU-Fraktion, unseren 8 Fragen zum 8. März.
Ilka Fleischer: Seit dem ersten Internationalen Frauentag 1911 gab es im vergangenen Jahrhundert für deutsche Frauen nicht nur Anlass zu Kritik, sondern auch gute Gründe zum Feiern, allen voran die Durchsetzung des Frauenwahlrechts 1918. Was waren aus Ihrer Sicht bislang die größten Erfolge oder Fortschritte für Frauen im dritten Jahrtausend - nicht nur, aber auch in Ihrer Partei?
Maria Eichhorn: Die Durchsetzung des Frauenwahlrechts 1918, die Verankerung des Gleichberechtigungsgrundsatzes im BGB 1957 und die Aufnahme des Artikel 3 ins Grundgesetz 1994 waren die großen Errungenschaften im letzten Jahrtausend. Auch in der Folge gab und gibt es zahlreiche Gesetze, die die Gleichberechtigung weiter fördern sollen. Sie sind jedoch mit den zentralen Weichenstellungen des letzten Jahrhunderts nicht vergleichbar.
Politik von Frauen ist selbstverständlich geworden. Sie sind nicht mehr nur Quotenfrauen, sondern in allen Parteigremien, auch an der Spitze von Parteien vertreten. Fast ein Drittel der Mitglieder im Deutschen Bundestag sind mittlerweile weiblich, ein schöner Erfolg, den es weiter auszubauen gilt.
Ilka Fleischer: "Brot und Rosen!" - Brot zum Leben und Rosen, damit sich das Leben lohnt - forderten Textilarbeiterinnen 1912 im Streik gegen Hungerlöhne in den USA noch recht bescheiden. Inzwischen wollen viele Frauen wesentlich mehr: Nach Gittes Song "Ich will alles" Anfang der 80er Jahre titelte die Bestsellerautorin Maeve Haran kürzlich "Alles ist nicht genug". Werden Frauen allmählich maßlos in ihren Forderungen?
Maria Eichhorn: Das Ziel, Frauen anteilsmäßig an allen Entscheidungen zu beteiligen, ist noch nicht erreicht.
Ilka Fleischer: Valerie Solanas, behauptete 1968 in ihrem Manifest "Society for Cutting up Men", Männer wären aufgrund der Chromosomstruktur unvollständige Frauen und versuchten daher ihr Leben lang, sich zu vervollkommnen. Gibt es zwischen Mann und Frau Unterschiede, die Sie für "naturbedingt" halten?
Maria Eichhorn: Der "natürliche" Unterschied zwischen Mann und Frau besteht darin, dass Frauen Kinder zur Welt bringen, Männer nicht. Ansonsten haben Frauen die gleichen Möglichkeiten wie Männer und umgekehrt.
Ilka Fleischer: Norbert Blüm hat sich einmal neidisch auf "die Firma Mutter und Kind, die sich in den neun Monaten der Schwangerschaft bildet" geäußert und bedauerte, dass Männer dagegen nie "ankommen". Worauf sind Sie bei Männern "neidisch"? Was würde Ihnen bei einem Rollentausch besonders gut gefallen?
Maria Eichhorn: Ich habe keinen Grund "neidisch" zu sein und ich würde auch nicht mit einem Mann tauschen wollen.
Ilka Fleischer: "Frau allein ist noch kein Argument, es muss auch noch was zwischen den Ohren sitzen", behauptet Heide Simonis. Aber auch: "Politik ist der Sieg des Hinterns über das Gehirn". Welche Voraussetzungen müssen Frauen in der Politik also mitbringen?
Maria Eichhorn: Vor allem viel Fleiß, Ausdauer und Wissen. Denn Frauen müssen immer noch besser sein als Männer, um sich durchzusetzen.
Ilka Fleischer: Während Gerhard Schröder laut Infratest bei Frauen populärer ist als bei Männern, schneidet Edmund Stoiber bei Männern besser ab. Was müsste Herr Stoiber verändern, um bei Frauen einen höheren Beliebtheitsgrad zu erlangen? Oder allgemeiner: Was schätzen Frauen an PolitikerInnen?
Maria Eichhorn: Leider kann ich als Politikerin diese Frage nicht beantworten. Dazu müssen sie die "Nicht-Politikerinnen" befragen.
Ilka Fleischer: Nach einer Studie zum Verhalten der BundesbürgerInnen im Haushalt werden 80 % der Hausarbeit immer noch von Frauen bewältigt. Nur 1,2 % der Männer putzen das Klo selbst. 73,3 % der Männer sind allerdings der Meinung, dass die Arbeit im Haushalt gerecht verteilt sei. Was bleibt - neben Gendermainstreaming - auf der politischen Ebene zu tun, und worin bestehen Ihres Erachtens die größten Fallstricke?
Maria Eichhorn: Nach wie vor sind die traditionellen Rollenmuster in unserer Gesellschaft stark verankert. Die Politik muss die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit schaffen. Dazu gehören familienfreundliche Arbeitsplätze, der bedarfsgerechte Ausbau der Kinderbetreuung für Kinder aller Altersstufen bis hin zu Ganztagsangeboten und die Verbesserung des beruflichen Wiedereinstieges. Für Männer muss es genauso möglich und selbstverständlich sein, Familie und Beruf zu vereinbaren.
Ilka Fleischer: Die Frau der Zukunft stellte sich August Bebel als "Herrin ihrer Geschicke" vor, die "sozial und ökonomisch vollkommen unabhängig" sei. Wer verkörpert für Sie warum heutzutage die "Frau der Zukunft"? Natürlich können Sie uns auch gerne verraten, wen sie für altmodisch halten...
Maria Eichhorn: Meine "Frau der Zukunft" ist eindeutig Angela Merkel.
Neben Maria Eichhorn nahmen 11 weitere PolitikerInnen an der elektronischen Befragung teil. Mit kleineren Abweichungen erhielten alle Interview-PartnerInnen den gleichen Fragenkatalog - und beantworteten unsere 8 Fragen zum 8. März in großer Vielfalt. Um die kompletten Beiträge zu lesen, klicken Sie bitte auf die Namen der einzelnen Interview-PartnerInnen:
- Evrim Baba, frauenpolitische Sprecherin der PDS-Fraktion im AGH von Berlin
- Edelgard Bulmahn , Bundesministerin für Bildung und Forschung
- Dagmar Enkelmann, stellvertretende Vorsitzende der PDS
- Ingrid Hofmann, Präsidiums-Mitglied in der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA)
- Christel Humme, MdB, Familien-, senioren-, frauen- und jugendpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion
- Ina Lenke, MdB, Familien-, frauen- und zivildienstpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Bundesvorsitzende der Liberalen Frauen
- Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, MdB, Bundesministerin a.D., Europapolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion
- Irmingard Schewe-Gerigk, MdB, Frauen- und familienpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN
- Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
- Klaus Wowereit , Regierender Bürgermeister von Berlin
- Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz